Demo zum globalen Klimastreik

Demo zum globalen Klimastreik

Gestern war mal wieder überall auf der Welt die Klimabewegung auf den Straßen. Wir natürlich auch. Von unseren Genoss:innen vom Offenen Antikapitalistischen Klimatreffen München wurden wir eingeladen, auf ihrer Demonstration eine Rede zu halten.

Auf der Auftaktkundgebung am Wettersteinplatz begannen wir mit ein paar Reden. Ausdrucksstark liefen wir dann los und zogen mit ca. 250 Menschen Parolen rufend durch Giesing. Am Nockerberg gab’s einen kleinen Bannerdrop und Rauch von einer Brücke. Die Stimmung war gut. Dann zündeten ein paar Aktivist:innen an der Reichenbachbrücke noch Pyro im Demonstrationszug. Kämpferisch zogen wir durch Innenstadt. Von der Polizei, die uns einige Male behindern wollte und versuchte, ein paar Menschen festzunehmen, ließen wir uns nicht stören. Gemeinsam konnten wir es ihnen unmöglich machen. Zum Schluss hörten wir am Gärtnerplatz angekommen noch ein paar Reden.

Weil am 18. März Tag der politischen Gefangenen war und uns das Thema generell am Herzen liegt, haben wir über Repression in der Klimabewegung und über unser daraus resultierendes Verhältnis zum Staat gesprochen. Danke an alle die da waren! Wir haben trotz der Kälte einen tollen Ausdruck auf die Straßen Münchens getragen. Danke an das Klimatreffen für die Organisation der Demo. Bis zum nächsten mal.

Rede zum globalen Klimastreik

Wir als neu gegründete Gruppe „Aktion Klimakampf München“ begrüßen euch und freuen uns, dass wir heute gemeinsam auf die Straße gehen. Viele, die hier stehen, die diese Demo mitorganisiert haben und die in unterschiedlichen Zusammenhängen gegen den Klimawandel aktiv sind, haben ihren Aktivismus begonnen mit einer Überzeugung. Mit der festen Überzeugung; „Wir müssen nur genug Alarm schlagen, die Zusammenhänge aufdecken und auf die drohende Katastrophe aufmerksam machen. Dann werden die richtigen Leute schon die richtigen Entscheidungen treffen“. Nun ja. Wir alle hier haben daraufhin die Erfahrung machen müssen: Das reicht nicht. Selbst, wenn sich quasi alle Wissenschaftler*innen einig sind. Selbst, wenn Millionen Menschen auf die Straße gehen, lassen sich Politiker*innen nicht mal auf die mindesten Klimaschutzmaßnahmen ein. Im Gegenteil: Wer sich für die Rettung unserer Umwelt einsetzt, wird nicht selten verfolgt und mit Repression überzogen.

Gestern war der Tag der politischen Gefangenen. Eine Erinnerung daran, die Menschen in den Knästen nicht allein zu lassen. Aber auch, sich bewusst zu machen: Repression trifft zwar Einzelne, aber in Wirklichkeit ist sie strukturell und stützt das System.

Wir wollen uns deshalb in unserer Rede mit Repression in der Klimabewegung beschäftigen. Wir wollen zeigen, welche Folgen wir daraus ziehen können und müssen. Dafür ein Beispiel aus der bayerischen Geschichte.

Im oberpfälzischen Wackersdorf sollte in den 80er-Jahren eine Atom-Wiederaufbereitungsanlage gebaut werden. Es formierte sich breiter Widerstand. Sowohl aus der lokalen Bevölkerung, als auch aus der bundesweiten Anti-Atomkraftbewegung. Militante kämpften Seite an Seite mit örtlichen Bäuer*innen und Geistlichen, Umweltschützer*innen zusammen mit Wissenschaftler*innen und Anwohner*innen. Die Reaktion der Behörden: Räumung friedlicher Camps, Wasserwerfereinsätze, Prügel-Orgien, massiver Gebrauch von CS-Gas bis hin zu Gummischrot und Blendgranaten. Hunderte Menschen wurden in den Jahren 1985 und 86 durch die Polizei verletzt, zwei Menschen starben im Zusammenhang mit diesem Einsatz.

Tausende Atomkraftgegner*innen wurden anschließend vor Gericht gezerrt und zu Geld- und Haftstrafen verurteilt. Umgekehrt folgten auf 400 Strafanzeigen gegen Polizeikräfte nur 21 Ermittlungsverfahren – und sie alle wurden wieder eingestellt.

Am Ende konnte der Bau der Anlage tatsächlich gestoppt werden. Juristische Probleme, aber vor allem der andauernde Widerstand hatten das Projekt so unrentabel gemacht, dass die großen Energiekonzerne ausstiegen.

Zeitgleich zu den Kämpfen um Wackersdorf ereignete sich die Atomkatastrophe von Tschernobyl. Widerstand gegen eine Atomanlage in der eigenen Nachbarschaft war und ist also ein absolut verständliches und sinnvolles Anliegen. Der Staat aber schützte jedoch auch in diesem Fall nicht die Sicherheit der Bevölkerung. Er versuchte, die Interessen der Konzerne durchzusetzen, die in das Projekt investiert hatten.

Ähnlich ist es auch heute: Allen Expert*innen und Politiker*innen ist durchaus bewusst, dass der Klimawandel mit verheerenden Folgen schon Realität ist. Trotzdem werden weiterhin Wälder für Autobahnen gerodet, weiterhin weichen Dörfer für die Braunkohlegruben von RWE. Der Widerstand dagegen wird mit brutaler Polizeigewalt beantwortet. Aktivist*innen aus dem Danni saßen teilweise mehrere Wochen unter folterähnlichen Bedingungen in Untersuchungshaft.

Ob damals in Wackersdorf oder heute: Die Bewegungen, die vom Staat angegriffen werden, haben eines gemeinsam: Sie stören mit ihren Kämpfen direkt die Kapitalverwertung. Egal, ob es darum geht, den Bau eines Kraftwerks oder einer Autobahn zu verhindern: hier sind reale Gewinne für die Investor*innen in Gefahr. Und sobald Gewinne gefährdet sind, greifen die staatlichen Organe mit voller Macht ein. Wenn wir den Klimawandel aufhalten wollen, haben wir aber keine andere Möglichkeit. Wir müssen das System der Kapitalverwertung und des ewigen Wachstums angreifen. Und sobald wir das effektiv tun, wird der Staat uns dafür verfolgen. Egal, wie viele Studien und gute Argumente wir auf unserer Seite haben.

Wenn wir es also wirklich ernst meinen, müssen wir uns so organisieren, dass wir uns vor dieser Repression schützen. Das bedeutet zum Beispiel, es Polizei und Geheimdiensten möglichst schwer zu machen, an Informationen zu kommen. Nicht alles offen zu legen. Und uns nicht von Geldern, Räumen und Infrastruktur des Staates abhängig zu machen. Wir müssen unsere eigenen Strukturen aufbauen. Und vor allem: nicht nett an die Politik appellieren, sondern so viel Druck aufbauen, dass sie uns nicht mehr ignorieren können!

Lasst uns dabei unsere wichtigste Waffe nicht vergessen: Die Solidarität!

Auch wir wollen keine „empty promises“ geben. Wir wollen eine Klimabewegung aufbauen, die wirklich solidarisch ist. Die nicht nur sagt, sondern auch tut. Wenn andere Aktivist*innen von Repression betroffen sind, dann lasst uns diese Repression gemeinsam tragen. Wenn wir mit verschiedenen Aktionsformen kämpfen, dann lasst es uns für ein gemeinsames Ziel tun, und uns gegenseitig ergänzen. Wenn wir unterschiedliche Ansichten haben, dann lasst uns ernsthaft diskutieren und gemeinsam darauf einigen, in welche Richtung wir gehen wollen. Die Vielfalt unserer Fähigkeiten und Erfahrungen ist eine Stärke. Lasst sie uns gemeinsam in eine Richtung lenken. Denn nur so können wir die nötige Schlagkraft entwickeln, dieses Scheißsystem endlich auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen und den Klimawandel aufzuhalten.

In diesem Sinne: Nicht auf diesen Staat vertrauen, Gegenmacht von unten bauen!